Mercosur-Abkommen
Einigung bei Mercosur-Freihandelsabkommen
EU-Kommission und Mercosur-Staaten haben sich auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Wir informieren Sie, wie es jetzt weitergeht und was das für die heimische Landwirtschaft bedeutet.
Am vergangenen Freitag einigten sich die EU-Kommission und die südamerikanischen Mercosur-Staaten auf ein Freihandelsabkommen. Künftig soll eine große Anzahl von Waren zollfrei gehandelt werden, darunter unter anderem Autos, Maschinen, Textilien, Schokolade, Spirituosen und Wein. Über 90 % der europäischen Exporte in den Mercosur sollen künftig zollfrei sein, heißt es von der EU-Kommission. Der Handel mit sensiblen Agrargütern, wie etwa Rindfleisch oder Geflügel würde durch das Abkommen nicht vollständig liberalisiert. Im Rahmen des Freihandelsabkommen dürften die Südamerikaner künftig 99.000 t Rindfleisch zu einem vergünstigten Zollsatz von 7,5 % importieren. Laut EU-Kommission entspricht das etwa 1,6 % der gesamten europäischen Rindfleischproduktion und ist weniger als die Hälfte der derzeitigen Einfuhren aus dem Mercosur, die sich 2023 auf 196 000 Tonnen beliefen. Exporteure von Geflügelfleisch dürften 180.000 t Geflügel zollfrei in die EU einführen. Diese Menge entsprach 2023 1,4 % der EU-Nachfrage nach Geflügelfleisch, so die EU-Kommission. Werden diese sogenannten Zollkontingente innerhalb eines Jahres überschritten, gelten für die zusätzlichen Mengen ab dann die ursprünglichen, deutlich höheren Zollsätze.
Automatisch in Kraft ist das Freihandelsabkommen noch nicht. Die EU-Mitgliedstaaten haben der EU-Kommission die alleinige Kompetenz übertragen, das Freihandelsabkommen zu verhandeln. Trotzdem müssen sowohl die EU-Mitgliedstaaten als auch das Europarlament das Freihandelsabkommen ratifizieren. Da eine Mehrheit der EU-Länder für das MERCOSUR-Abkommen ist, ist es nach Einschätzung von Experten wahrscheinlich, dass das Abkommen spätestens bis 2026 abgeschlossen sein wird. Unter den EU-Mitgliedstaaten muss sich eine qualifizierte Mehrheit finden. Eine qualifizierte Mehrheit ist dann erreicht, wenn eine Mehrheit von 55 % der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren, für oder gegen den Kommissionsvorschlag stimmt. Im Europaparlament muss eine einfache Mehrheit, also mehr als 50 % der Abgeordneten für das Abkommen stimmen.
Harsche Kritik von den Bauernverbänden
Nach Bekanntwerden der politischen Übereinkunft erneuerte die Dachorganisation der europäischen Bauern- und Genossenschaftsverbände COPA-COGECA ihre Kritik am Freihandelsabkommen, auch der DBV veröffentlichte eine weitere Pressemitteilung.
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes und des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg, zeigte sich enttäuscht, dass das Mercosur-Abkommen ohne wesentliche Veränderungen des Agrarteils zum Abschluss gebracht wurde: „Wir Bauern wurden nicht gehört. Dieses Abkommen geht einseitig zu Lasten der europäischen Bauern und schwächt unsere Betriebe massiv im Wettbewerb. Damit ist es das Gegenteil der von der EU-Kommission zugesagten Stärkung der europäischen Landwirtschaft. Die geplanten Mechanismen zum Schutz europäischer Standards für Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung sind nach wie vor völlig unzureichend. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat als nun entscheidende Institutionen dürfen das Abkommen in dieser Form nicht annehmen!“
Außerdem trat Präsident Rukwied in Stuttgart in verschiedenen Formaten vor die Presse, etwa im Hörfunk und auch im Fernsehen bei Pro7/Sat1 sowie Phoenix. Das Interview können Sie hier » nachsehen.
Hintergrundinformationen:
Die Verhandlungen zwischen der EU- und den Mercosur-Staaten begannen bereits 1999. 2019 wurde eine erste Vereinbarung erzielt, die jedoch aufgrund erheblicher Widerstände, insbesondere aus Frankreich, noch immer nicht ratifiziert wurde. Die EU erhofft sich mit dem Mercosur-Abkommen vor allem mehr Exporte im Industriegüter- und Dienstleistungsbereich. Die Mercosur-Staaten sind besonders bei Nahrungsmitteln und hier bei Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch sowie bei Zucker und Ethanol hochgradig wettbewerbsfähig.
Dies sind wiederum aus Sicht der EU „sensible Produkte“, bei denen nur beschränkte Einfuhrkontingente eingeräumt werden. Die Vorgaben zur Lebensmittelsicherheit (Rückverfolgbarkeit) und Umweltstandards sind geringer als in der EU. Für Einfuhren in die EU gelten zwar die strengen Rückstandshöchstwerte. Die Standards der EU bezüglich Produktionsverfahren – etwa Tierwohl oder Antibiotikaminimierung – haben beim Handel keine Bedeutung, was Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten europäischer Landwirte bedeutet.
Handelsabkommen EU-Mercosur – Eckpunkte im Agrarbereich
- Grundsätzlich: Schrittweise Absenkung bzw. Aufhebung von Zöllen, außer bei sensiblen Produkten.
- Rindfleisch: Einfuhrquote von 99.000 Tonnen zu geringem Zollsatz von 7,5 Prozent. Die Mercosur-Staaten exportieren derzeit Rindfleisch von etwa 200.000 Tonnen pro Jahr in die EU.
- Zucker: Zollsenkung innerhalb der bestehenden WTO-Quote über fünf Jahre auf null.
- Bioethanol: Die EU gewährt eine Einfuhrquote von 650.000 Tonnen, zollfrei sind davon 450.000 Tonnen für die chemische Industrie, die übrige Menge für jegliche andere Verwendung einschließlich Biokraftstoffe. Hierfür soll ein Zollsatz von 6,4 bzw. 3,4 Euro je Hektoliter undenaturiertem bzw. denaturiertem Ethanol gelten.
- Geflügelfleisch: Die EU gewährt eine zollfreie Einfuhrquote von 180.000 Tonnen pro Jahr.
- Soja: Keine Änderungen, es gilt bereits Zollfreiheit.
- Schweine: Für Fleisch aus Schweinehaltung ohne den Futterzusatz Ractopamin wird eine Einfuhrquote von 25.000 Tonnen mit einem Einfuhrzoll von 83 Euro je Tonne festgeschrieben. Die südamerikanische Seite hat einer vollen Öffnung für EU-Schweinefleisch zugestimmt.
- Milchprodukte: Einfuhrquote des südamerikanischen Markts bei Käse (30.000 Tonnen), Magermilchpulver (10.000 Tonnen) sowie Säuglingsanfangsnahrung (10.000 Tonnen). Die derzeitigen Zollsätze sollen innerhalb von neun Jahren auf null gesenkt werden.
- Schrittweiser Wegfall der südamerikanischen Einfuhrzölle u.a. bei Wein, Schokolade und Süßwaren, Spirituosen, Gebäck, Malz sowie Obst und Gemüseverarbeitungen.
- Schutz von 357 geographisch geschützten Angaben aus der EU.
(Quelle: EU-Kommission)
Hintergrundinfos des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zu Mercosur finden Sie unter:
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/FAQ/Mercosur/faq-assoziierungsabkommen-eu-mercosur.html
Im Anhang finden Sie das DBV-Positionspapier vom April 2023, welches in dieser Fassung nach wie vor gültig ist.