Großkundgebung in Berlin
Rukwied: Wir nehmen die Kampfansage an
„Das ist eine Kampfansage, und diese Kampfansage nehmen wir an. Das ist hier in Berlin nur der Auftakt! Wir sind auch heute schon vor Ort mit vielen Traktoren. Wenn die Bundesregierung diese unzumutbaren Vorschläge nicht zurücknimmt, werden wir ab 8. Januar des neuen Jahres dafür sorgen, dass es einen heißen Januar gibt!“ Das erklärt Bauernpräsident Joachim Rukwied gleich zu Beginn der Großkundgebung am Montag, 18. Dezember 2023, am Brandenburger Tor in Berlin.
Die Kürzungspläne der Ampelregierung beim Agrardiesel und der Kfz-Besteuerung würden die Landwirtschaft mit höheren Steuern belasten, und zwar mit zusätzlich einer Milliarde Euro pro Jahr.
Landwirtschaft schon belastet genug
Die Landwirtschaft sei in jüngerer Zeit schon genug belastet worden. „Zuviel ist zuviel“, ruft Rukwied den versammelten mehr als 8000 Teilnehmern zu, die mit rund 3000 Traktoren, Bussen und Bahn in der Nacht von Sonntag auf Montag aus ganz Deutschland angereist waren und keinen noch so langen Weg gescheut hatten, um ihre Anliegen in der Bundeshauptstadt kundzutun. Er erinnert an die Kürzungen bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft von über 70 Millionen Euro und bei der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) von rund 300 Millionen Euro jährlich. „Das alles ist schon eine massive zusätzliche Belastung, aber das, was jetzt mit noch rund 1 Milliarde Euro geplant ist, das schlägt dem Fass den Boden aus!“, findet Rukwied auf der Kundgebungsbühne deutliche Worte
Zahleiche Teilnehmer aus der Agrarwirtschaft, Gesellschaft, Politik und Medien
Der Klartext sprechende Bauernpräsident ist bei den Bäuerinnen und Bauern sowie den anwesenden Vertretern aus den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen, anderen die Landwirtschaft in ihrem Protest unterstützenden Organisationen und den Medien nicht zu überhören. Ebenso bei den anwesenden Politikern. So Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der von Anfang an, auf der Bühne stehend, allen Rednern geduldig zuhört und am Ende der Kundgebung zu den Landwirtinnen und Landwirten spricht. Dafür zollt ihm Rukwied Respekt.
Aus der Politik dabei sind unter anderen auch der CDU-Generalsekretär und stellvertretende Parteivorsitzende Carsten Linnemann und die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber.
Anders ausgerichtete Regierungspolitik – oder Regierungswechsel
„Wir nehmen den Kampf an und ich bin mir sicher, andere Berufsgruppen werden sich uns anschließen, das Transportgewerbe beispielsweise, die Gastronomie und viele andere auch. Wir brauchen eine anders ausgerichtete Regierungspolitik. Wenn wir die nicht bekommen, dann brauchen wir einen Regierungswechsel“, fordert der Präsident des Deutschen (DBV) und des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV).
Unmissverständliche Erwartungen an den Bundeslandwirtschaftsminister
„Wir erwarten von einem Bundeslandwirtschaftsminister, dass er sich mit ganzer Kraft und mit Herzblut für die Anliegen der Bauernfamilien und für den ländlichen Raum einsetzt“, wendet sich Rukwied dem Bundesminister zu und lässt keinen Zweifel an den Erwartungen des Berufsstandes an Cem Özdemir. Anderenfalls solle er sein Amt zur Disposition stellen. „Sie müssen jetzt Druck machen. Wir setzen auf Sie!“, gibt der Bauernpräsident eine unmissverständliche Handlungsanweisung an den neben ihm stehenden Minister.
Es geht um die Zukunft unseres Deutschlands
Angesichts der Pläne, die Landwirtschaft mit einer Milliarde Euro zusätzlich pro Jahr zu belasten, „kann man nur zu der Erkenntnis kommen, dass die Bundesregierung offensichtlich kein Interesse an der Versorgung auf Basis heimischer Lebensmittelproduktion hat, dass sie kein Interesse an der Zukunftssicherung unserer Betriebe hat. Zuviel ist zuviel. Es reicht. Wir brauchen eine Neuausrichtung der Politik, eine Politik, die sich wieder den Menschen zuwendet, die hier in Deutschland leben, arbeiten, sich tagtäglich für unser Gemeinwohl einsetzen, sie diesen Menschen wieder Perspektiven aufzeigt. Es geht um die Zukunft unserer Kinder. Es geht um die Zukunft unserer Enkel. Es geht schlichtweg um die Zukunft unseres Deutschlands! Darauf ist wieder der Fokus zu richten!“, fordert Rukwied.
Wir brauchen Zukunftsperspektiven für die junge Generation
„Es geht darum, der jungen Generation, die hochmotiviert ist, die top ausgebildet ist, eine Zukunftsperspektive aufzuzeigen. Dafür braucht wir die Neuausrichtung der Politik. Dafür brauchen wir auch Wertschätzung unserer Arbeit. Dafür brauchen wir aber auch Wertschöpfung, damit die Betriebe in die Zukunft investieren können. Da muss vieles gemacht werden. Wir brauchen Angebote statt Verboten, wir brauchen unternehmerischen Freiraum statt weiterer Eingrenzung durch Auflagen, wir brauchen Vertrauen und Verlässlichkeit!“, betont der Bauernpräsident.
Unterstützung für die Bäuerinnen und Bauern
Zahlreiche Redner aus der Agrarwirtschaft unterstützten den Protest der Bauern. So von der Landjugend, den Lohnunternehmern, den Familienbetrieben Land und Forst Land schafft Verbindung (LSV).
Immer wieder brandet Beifall auf bei den klaren Worten des Bauernpräsidenten. Doch dann sind plötzlich Missfallenskundgebungen zu hören. Laute, ins Mark gehende Pfiffe und Geräusche ertönen. Der Bundeslandwirtschaftsminister will und soll sprechen. Damit Cem Özdemir gehört wird, muss Rukwied erst die wütenden Kundgebungsteilnehmer um Ruhe bitten.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir stellt sich
„Ich weiß, dass Sie nicht zum Vergnügen hier sind. Ich weiß, dass Sie einen langen Weg auf sich genommen haben, weil jetzt eine Grenze der Belastung für Sie erreicht ist. Ich weiß, dass Sie mit einer Riesenwut hierher nach Berlin gekommen sind und sicherlich einige auch auf mich als Teil der Bundesregierung wütend sind. Wer mich kennt, der weiß, ich rede nicht darum herum, ich stelle mich!“ So beginnt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir eine Rede.
Özdemir: Ich halte nichts von den Streichungen in diesem Umfang
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müsse man noch mehr sparen als schon davor, meint der Minister. Deswegen wolle ich gleich am Anfang sagen: „Ich halte nichts von den Streichungen in diesem Umfang, und ich habe auch früher nichts davon gehalten. Im Gegenteil, ich habe die Bundesregierung davor gewarnt, die Regeln zur Kfz-Steuer für die Landwirtschaft abzuschaffen. Und an dieser Auffassung hat sich bei mir nichts geändert“, versichert Özdemir.
Dafür sorgen, dass Herausforderungen angenommen werden können
„Die Kürzungspläne trifft sie viel härter als andere Branchen im Land. Da liegen Stadt und Land sehr weit auseinander. Die Regierung hat die Aufgabe, hier einen Ausgleich zu schaffen, und der steht gerade auf dem Spiel, weil Sie ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert werden“, räumt Özdemir ein. „Wir müssen in Berlin dafür sorgen, dass diese Herausforderungen auch angenommen werden können“, betont er.
Özdemir bekennt sich zu Planungssicherheit und finanziellem Fundament
„Sie brauchen Planungssicherheit, und sie brauchen ein finanzielles Fundament für Ihre Familie. Dazu will ich mich ausdrücklich als Landwirtschaftsminister bekennen. Wir müssen hier zu guten Lösungen kommen. Dafür will ich mich einsetzen“, verspricht Özdemir. „Lassen Sie uns das auf eine Art und Weise machen, dass Sie die Zustimmung in der Mehrheit der Gesellschaft nicht verlieren“, appelliert der Bundesminister. „Sie haben gute Argumente. Ihre Botschaft von heute und diese Argumente werde ich gerne an meine Kolleginnen und Kollegen in der Politik weitertragen. Die Kürzungspläne können so nicht bleiben“, verspricht der Bundeslandwirtschaftsminister.
Rukwied: Gemeinsam werden wir für unsere Zukunft kämpfen
Bauernpräsident Joachim Rukwied dankt zum Abschluss der Kundgebung den Bäuerinnen und Bauern und allen Organisationen, die zum Erfolg der Demonstration und Kundgebung beigetragen haben. „Wir haben gemeinsam ein ganz starkes Signal hier in Berlin gesetzt, an unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger und an die Bundesregierung. Diese Botschaft ist wichtig!“, betont er. „Gemeinsam sind wir stark und gemeinsam werden wir für unsere Zukunft, für unsere Kinder und Enkel kämpfen“, schließt Rukwied die Veranstaltung.
Autor: hk